An meine Nachbarn

Wenn du mich früh am Morgen auf dem Weg zur Mülltonne triffst, die Augen verschlafen, das Gesicht zerknautscht, dich nur halb wahrnehmend, weil ich noch ohne Brille und noch nicht ganz wach durch die Welt taumele, dann nimm es nicht persönlich;

wenn du mich tagsüber mit meinen Kindern schimpfen hörst, dann denke nicht schlecht von mir;

wenn du mich Mittags im Garten sitzen siehst, statt das Haus zu putzen oder den Garten zu pflegen, dann schüttle nicht insgeheim den Kopf,

denn du weißt nicht, wie meine Nacht war oder mein Morgen oder mein Tag, hast nicht meine Sorgen oder Ängste, erlebst nicht meine Müdigkeit, lebst nicht mein Leben.

Wenn du plötzlich aus deinem Alltag mit lauter Musik gerissen wirst, begleitet von lauten Gesangsübungen, dann freue dich darüber, dass ich mich spüren kann, so wie ich meine Welt um mich herum auch spüren kann und erinnere dich genau daran, wenn du mich siehst. Scheue dich nicht daran, mich mit einem Lächeln aus meinen Gedanken zu reißen. Ich werde dir das gleiche Lächeln zurückgeben und mich doppelt freuen, in Harmonie zu leben – und ich werde mich immer daran erinnern, wenn wir uns wiedersehen, glücklich, wahrgenommen worden zu sein wie ich eben bin.

An meine Tochter

Werde so wie ich, wahrheitsliebend, offen, direkt, ehrlich; höre deinen Mitmenschen gern zu und sei hilfsbereit.

Nutze ein Nein, wann immer du es für dich oder deine Familie brauchst, denn die, die du liebst, stehen immer an erster Stelle.

Werde nicht so wie ich, zweifelnd, mutlos, unsortiert, bisweilen der Vergangeneit nachtrauernd oder ängstlich in die Zukunft blickend.

Sieh dich im Spiegel an, schau dir tief in die Augen und betrachte gut, was du siehst, was du in dir siehst; und dann schau die Person an, die immer hinter dir steht. Schau mir in die Augen, in mein Herz und erkenne, dass du einzig und allein du bist. So wie du bist, einfach perfekt.

Ich lege alle meine Liebe in dich, alle meine Hoffnungen. So wie du bist, bist nur du – und du bist nicht ich und wirst es nie sein. Du wirst deinen Weg gehen und ich bin mit allem, was ich habe, immer für dich da.

Eine Mutter ist….

In Zeiten, in denen das virtuelle Leben in Zeitschriften und im Internet eine beinahe wichtiger Rolle in unserem Leben einnimmt als die reale Welt, fällt mir immer wieder auf, dass das Mutter-sein sehr emporgehoben wird, sehr betont, ausführlich besprochen, diskutiert, beurteilt, verurteilt, missachtet wird.
Eine Frau wird Mutter aufgrund eines natürlichen Prozesses. In der Regel durch ihr Zutun, oft herbeigesehnt, manchmal auch überraschend oder gar über Nacht. Eine Mutter ist nicht zwangsläufig die Frau, die das betreffende Kind geboren hat, aber das nur am Rande. Eine Mutter ist, wenn man einem bekannten Spruch glauben schenken mag, der Engel, der das Kind umsorgt, es behütet, es bedingungslos liebt.

Nichts von alledem macht eine Mutter von außen angreifbar oder diskutierbar. Eine Mutter ist einfach da. Sie ist ein Geschenk, genauso wie Kinder ein Geschenk sind. 
Eine Mutter zeichnet eines besonders aus: sie ist eine Frau; mit allen Wenn und Abers. Sie ist eine Frau, die bis zu ihrem Muttersein jede Menge erlebt hat und mit diesen Erfahrungen ihr weiteres Leben lebt. Es ist immer noch ihr Leben, sie lebt es als Frau. Nicht mehr.

Das Christkind war da

Erwartungsvoll und voller Neugier versuchen die Zwillinge Magdalena und Martin einen Blick in das Wohnzimmer zu erhaschen. Keine Chance, Papi macht sich extra groß und gibt den perfekten Türsteher.

„Wo ist eigentlich Mami?“

„Da, es raschelt, und da….- hast du es gehört? Ist das Christkind da?“ Die kleine Magdalena hüpft aufgeregt auf und ab. Ihre Augen leuchten mit den Kerzen am Weihnachtsbaum um die Wette. Die Kerzen, die sie immer noch nicht sieht. 

Ihr Bruder gibt sich betont gelassen, kann aber sein vor Spannung glühendes Gesicht nicht verbergen. 

„Da! Schon wieder! Sollte das etwa…? Kann das sein? Das Christkind?“ 

„Und wo ist Mami?“
Der Vater der beiden knipst lächelnd ein paar Erinnerungsfotos. Das ist ein tolles Weihnachtsfest, denkt er und schmunzelt, als er an die Überraschungen für die Kinder denkt, die unter dem Baum auf sie warten.
„Papi, hörst du es nicht?“ Martin wird nun doch ungeduldig und schiebt die Schwester beiseite. „Da, Papi! Papi!“
Dieser öffnet endlich die Tür und gibt den Blick auf das Weihnachtliche Wohnzimmer frei. Aus dem Radio klingen englische Weihnachtslieder, es duftet nach Lebkuchen und Plätzchen. Der Vater blickt sich um: Die Zwillinge stehen immer noch wie angewurzelt in der Tür und wollen sich nicht so recht hineintrauen. Da erklingt es noch einmal: das Weihnachtsglöckchen. 

Schon stürmen die beiden los und werfen sich ihren Eltern in die Arme. „Frohe Weihnachten!“

Alle vier strahlen sich an und für die Großen ist sicher: ja, das Christkind war da.

Brief an meine Tochter, die nicht auf die Welt kommen durfte

Sie jährt sich schon wieder, die aufregende Zeit, in der du klitzeklein in unser Leben getreten warst. Noch ohne Namen und ohne Geschlecht, aber du warst da. Wenige Wochen bist du dann bei uns geblieben, bevor wir dich gehen lassen mussten. Ein Abschied, der mir immer noch nachgeht.

In diesem Jahr wärst du im Kindergarten zu einem „Wackelzahn“ geworden, einem Vorschulkind. Dein Geburtstag wäre um Weihnachten gewesen, in diesem Jahr der sechste. Bestimmt hättest du eine Zahnlücke und Rattenschwänzchen. Vielleicht würdest du Kleider lieben und in ihnen durch unser Haus tanzen.

Dein Lachen würde dieses Haus noch heller machen. Noch heller. Denn in unserem Haus ist kein Grund zur Sorge oder Traurigkeit. Deine beiden Geschwister bringen uns zum Strahlen und machen uns glücklich.

Allein dieser kleine Gedanke an dich. Ein kleiner Gedanke, der immer wieder kommt, jedes Jahr.

Lange haben dein Vater und ich uns Kinder gewünscht. Lange wurde der Wunsch nicht erfüllt, bis wir uns Hilfe holten. Hilfe, die in deinem Fall Segen und Fluch war. Segen, weil ich für wenige Wochen schwanger sein durfte, Fluch, weil ich es so früh wusste und dich schon gesehen hatte. Die Hoffnung war so groß. Und wurde früh zerstört.

An dem Tag, an dem unser behandelnder Arzt uns bestätigte, dass dein kleines Herzchen aufgehört hatte, zu schlagen, blieb die Welt für einen Moment stehen und hielt den Atem an. In mir starb ein kleines bisschen; in mir und von mir. Ich konnte nicht aufhören zu weinen und die Frage nach dem „warum“ war zermürbend.

Auch das Wissen oder die Ahnung, dass es dir nicht gut ging und es dir jetzt besser geht, hat mir am Anfang nur wenig geholfen. Du warst meine erste Hoffnung, Mami zu werden.

An die Tage nach der letzten Untersuchung in der Klinik kann ich mich nur vage erinnern. Ich war in eine Art „Koma“ gefallen, funktionierte einfach. Dein Vater war hilflos und natürlich ebenfalls getroffen; wenn auch er damit besser umgehen konnte. Als alles vorbei war und ich wieder aus dem Krankenhaus kam, verabschiedeten wir uns noch einmal still von dir. Nur dein Vater und ich.

Am Ufer des Kanals standen wir und hielten eine weiße Rose aus unserem Garten. Gemeinsam ließen wir sie los und sahen ihr nach. In dem Augenblick wurde mir die Endlichkeit dieses Abschieds noch einmal deutlich. Es zerriss mir fast das Herz und ich weinte, weinte.

Ich habe viele Tränen um dich vergossen, habe weiter nach der Antwort für das „warum“ gesucht und sie nicht bekommen. Ich werde sie nicht bekommen, weil es keine gibt.

Lange war unsere Familienrunde am Esstisch unvollständig und ist es noch, wenn auch nur noch in meinem Herzen. Es schmerzt nicht mehr so sehr. Inzwischen ist der Wunsch danach, diesen leeren Platz noch zu besetzen auch verschwunden. Du würdest es nicht sein und einen Ersatz wollte ich nicht.

Deine Geschwister sind unser größtes Glück und machen uns viel Freude. Wir sind dankbar, dass wir sie bekommen haben und sie haben uns zu einer glücklichen Familie gemacht.

Eines Tages werde ich ihnen von dir erzählen und ihnen sagen, dass sie noch eine Schwester hatten. Eine Schwester, die immer noch einen Platz in meinem Herzen hat und es immer haben wird.

Pass gut auf uns auf, mein Engelchen. Deine Mami

Vergangene Kindheitsträume

„Gerade Nikolaus gab es immer etwas besonderes“, erzählt mein Vater gerne. 

Als mein Vater ein kleiner Junge war, war die Adventszeit nicht weniger spannend: gerade der Nikolaustag bot jedes Jahr eine leckere Überraschung, die den Kleinen in solchen Tagen nicht oft zuteil wurde. Mein Vater ist ein sogenanntes „Kriegskind“, der einen Teil seiner Kindheit auf dem Bauernhof seiner Großmutter verbrachte. Diese versorgte die ganze Familie unter anderem mit selbst gebackenem Brot (einer Passion, die ich von ihr geerbt habe, aber das nur am Rande). Damals war Roggen günstig zu haben, Auszugsmehl selten erschwinglich, so dass es in der Regel kräftige Roggenvollkornbrote gab. Weißbrot, womöglich noch aus Weizenmehl, war eine seltene Köstlichkeit, die nur zu besonderen Anlässen genossen werden durfte und konnte. Ein ebensolcher Anlass war das Nikolausfest, zu dem die Großmutter meines Vaters für die Kinder „Weckmänner“ buk; Nikolausmänner aus Hefeteig mit Augen aus Rosinen. 

Meinem Vater läuft auch heute noch, rund siebzig Jahre danach, das Wasser im Mund zusammen, wenn er daran denkt.
„In einem Jahr aber, der Krieg war vorbei, da gab es“, so erzählt mein Vater immer wieder gerne mit stets leuchtenden Augen, „einen Nikolaus aus Schokolade. So klein war er“ und deutet dabei etwa 10 cm Länge mit Daumen und Zeigefinger an, „aber es war für uns Kinder das Größte“. Er erinnert sich noch an die glänzende Verpackung und den Schokoladengeruch. Dabei lächelt mein Vater und dann fällt ein leichter Schatten über das Gesicht meines Vaters. 

„Was war ich enttäuscht, als ich die Verpackung öffnete und seelig in den Nikolaus biss.“ Ich lächle, denn ich kenne die Geschichte. Und jedes Mal spüre ich die Enttäuschung, die mein Vater damals gespürt haben muss. „Er war hohl“, sagt mein Vater mit leicht traurigem Blick. „Er war ganz dünnwandig und hohl“, es klingt, als könne er es nach all den Jahren immer noch nicht fassen. „Ich dachte immer, diese Nikoläuse wären massiv.“ Mein Vater zuckt mit den Schultern und ich nehme mir jedes Jahr vor, ihm eines Tages einen massiven Nikolaus zu schenken.

Die Kinderschublade

Gehört dein Sohn auch zu den Hochbegabten? Ist deine Tochter besonders musisch veranlagt und wird Mozart bald in den Schatten stellen? Nein?
Ich glaube schon. Auch dein Kind „liegt“ in einer Schublade, der Kinderschublade.

Wir Eltern neigen dazu, unseren Kindern einen imaginären Stempel aufzudrücken. Sie in Schubladen zu stecken. Das kann mal hilfreich, meist aber hinderlich oder sogar gefährlich sein. Warum tun wir das, obwohl wir die damit verbundenen Gefahren kennen? Sind wir so fest gefahren in diesen Gesellschaftsmustern, dass wir nicht anders können? Wollen wir uns, nachdem wir es selbst nicht geschafft haben, durch die Kinder von anderen abheben? Weil wir uns nur durch die Kinder definieren?

Bleiben wir beim Kinderschubladen-Schrank und betrachten ihn uns einmal genau: Pro Kind gibt es eine Schublade. Die Schubladen sind mal klein, mal groß, je nachdem, wie wir unser Kind sehen, wie wir es wahrnehmen und wieviel Raum wir ihm geben.

Welche Schublade hat dein Sohn? Welche deine Tochter?
Ist sie innen verkleidet oder einfach aus Holz? Hat sie einen gepolsterten Boden oder nur Schrankpapier? Wie sieht sie von außen aus? Schon Macken dran vom ständigen auf- und zu schieben? Klemmt sie manchmal? Vielleicht ist die Schubladenfront schon einmal repariert worden und man sieht die kleinen Nägel; schaut einer davon raus, so dass man ihn spürt, wenn man über die Oberfläche streicht? Wie sieht der Griff aus? Ein Holzknopf oder ein Messingbeschlag? Ist das Holz noch rau, oder blank poliert, weil du ihn immer wieder in die Hand nimmst?

Tritt einmal einen Schritt zurück und werfe einen Blick neben den Kinderschubladen-Schrank:
Ja, euer Eltern-Schrank steht daneben.
Ganz schön groß, oder?

Unser Eltern-Schrank ist ein Doppeltürer mit gleich großen Türen, die nie ganz zu sind. Vielleicht ist zu viel drin, vielleicht ist auch eine Tür verzogen oder sie klemmt etwas. Hat schon einige Macken der Schrank, aber er ist immer noch schön anzusehen.
In dem Schrank, durch die Türen geschützt vor Negativem, das von außen kommen könnte, ist ein Regal. Wenige Bretter, die viel Raum lassen.

Betrachten wir die beiden Möbel zusammen, stellt sich mir eine Frage:
Werden aus Schubladen-Kindern Schrank-Menschen? Wie?
Wie wird man ein Schrank-Mensch?

In unserer heutigen Gesellschaft hat sich im Vergleich zum Ende des letzten Jahrhunderts, in dem viele von uns aufgewachsen sind, die Geschwindigkeit vervielfacht: schnellere Autos, Flugzeuge, Nachrichtenübermittlungen; wir selbst gehen schneller, kommunizieren mit der ganzen Welt immer und überall. Auch unsere Gedanken und Handlungen wollen schneller sein. Die Folgen davon sind bekannt.

Unseren Kindern leben wir also eine Überholspur vor, auf der immer die besten vorne sind. Allem Anschein nach ist „vorne“ immer erstrebenswert, vielleicht ist „hinten“ die Luft schlechter.
Demzufolge bekommt unser Kind ein „Prädikat“ von uns ausgestellt, das nicht weniger als „sehr gut“ heißen darf. Wir stecken es in eine Kinderschublade, beschriften sie stolz mit Leuchtschrift, so dass es jeder sehen kann.
Als gute Helikopter-Eltern verschließen wir die Schublade sicher und öffnen sie nur selten.

Wird man so ein Schrank-Mensch?
Haben unsere Kinder in einer engen Schublade den Raum, sich zu entfalten?

In einer Geschichte von Leo N. Tolstoi, (Die drei Söhne) wird eine andere Sichtweise auf Kinder dargestellt. Das worauf es ankommt: Mensch sein. Alles andere tritt in den Hintergrund oder wird unsichtbar, weil es schlicht unwichtig ist.

Was bedeutet das für uns Eltern?
Da haben wir nun dieses wundervolle Wesen bekommen, in das wir so viele Hoffnungen setzen. Hoffnungen? Welche?

Die größte Hoffnung, die wir in die Geburt eines kleinen Kindes setzen sollten und dürfen ist, dass das Kind gesund ist und gesund bleibt; dass es zu einem glücklichen Menschen heranwächst und dass es ein Teil einer friedlichen Gesellschaft wird.

Wir Eltern bekommen damit eine Mammutaufgabe. Wir sind schon vor der Geburt verantwortlich für die Gesundheit und das Wesen des kleinen Menschen. Später wird es uns nachahmen – in allem, was wir tun. Wollen wir also, dass wir ein glückliches, ausgeglichenes Kind haben, müssen wir es vorleben.

Eine Hochbegabung oder besondere Begabung kann man nicht vorleben. Aber sie ist auch nicht wichtig. Nicht wichtig dafür, dass ein Kind gesund, glücklich und friedlich aufwächst.

Leeren wir also unseren Kinderschubladen-Schrank und räumen ihn weg. Da Ausmisten im Trend liegt, dürfte uns das nicht schwer fallen.

Statt Schubladen reichen offene Regale. Keine Sorge vor zuviel Staub, Kinder sind immer in Bewegung, da sammelt sich nicht viel an. Aber wir sehen sie so auch besser. Und sie sind freier, können sich besser entfalten.

Aus Regal-Kindern können so später Schrank-Menschen werden. Wenn sie sich Türen bauen wollen. Welche aus Holz oder Glas, bunte Vorhänge aus Stoff oder durchsichtige Perlenvorhänge. Türen, die nie ganz geschlossen sind, weil zu viel drin ist im Schrank, weil sie hängen oder klemmen oder weil sie einfach ein bisschen offen stehen sollen, damit der wertvolle und besondere Mensch darin gefunden wird.

 

 

Da ist ein Weg…

Zeiten, in denen Erziehungsratgeber boomen, in denen Kindern mit viel mehr Einfühlung gegenüber getreten wird, in denen körperliche Gewalt, wie es schon die Ohrfeige ist, gesetzlich unter Strafe gestellt ist, sind ebenso Zeiten, in denen Eltern einem immensen Leistungsdruck und Drang zur Perfektion unterstehen und nicht selten unterliegen. Dieser Druck kommt von außen, aber auch von innen. Wir Eltern lassen ihn zu, gewähren ihm Raum und viel Zeit und sind von den Folgen überrascht.
Vor einigen Wochen habe ich einen Artikel über eine Mutter verfasst, die vor lauter Hilflosigkeit in der „Brüllfalle“ landet (Manchmal ist Mami nicht schön – weisse hexe afrika

https://weissehexeafrika.wordpress.com/2016/07/06/manchmal-ist-mami-nicht-schoen/). Und da ist es schon wieder, ein Wort, das die heutige Elterngeneration prägt. Eins, das mit Angst behaftet ist und abgelehnt wird; weil man ja so nie sein will, es nie wollte und es auch nicht sein darf.
Wir Eltern befördern uns mit solchen Gedanken in eine Spirale, die zielsicher in einer Sackgasse endet. Dass es aus der Sackgasse einen kleinen Trampelpfad heraus gibt, ist für viele zunächst nicht offensichtlich. Aber er ist da. Mal mehr, mal weniger zugewachsen, aber immer zugänglich. Nicht einmal schmerzhafte Dornen oder Brennnessel versperren den Zugang; nie.
Wer diesen Pfad einmal gefunden hat, kann aufatmen, sich sicherer fühlen, aufgefangen fühlen. Und selbst wenn die Brüllspirale uns noch ein paar Mal einholt, wir wissen, wie wir rauskommen und vergessen es nicht.
Erziehungswissenschaftler stellen alle möglichen Theorien auf, warum wir heutigen Eltern so sind, wie wir sind. Die Gesellschaft sei schuld, dass immer nur der ohne Fehler Erfolg hat, unsere eigene Schulzeit und unsere Kindheit sowieso.

Ich bin kein Wissenschaftler, aber ich bin Mutter und ich bin Tochter. Und ja, auch ich bin überzeugt, dass eine Grundlage für die heute so plakativ dargestellte „Brüllfalle“ in unserer eigenen Erziehung liegt. Und darin, dass „wir es besser machen wollen“ oder „mindestens genauso gut“. Warum wir das wollen und was wir genau besser machen wollen oder was so „perfekt“ war, wissen wir meist selbst nicht. Ein verkrampftes „anders machen“ oder das Denken „meine Eltern konnten das doch auch“, übt einen immensen Druck auf uns aus. Selbst gemachten Druck.
Die Brüllspirale… Denkt an den Pfad, dessen Eingang wir nur dann finden, wenn wir uns so akzeptieren, wie wir sind. Wir sind nicht unsere Eltern, wir müssen sie weder krampfhaft kopieren noch unbedingt das Gegenteil von ihnen sein. Wir sind wir und wir sind gut so, wie wir sind.

Fragt mal eure Kinder, was sie an euch am meisten lieb haben. Wahrscheinlich werdet ihr bei der Antwort überrascht sein.

… 50 mal um die Erde, achtmal um den Mond und wieder zurück, weil ihr einfach so seid, wie wir sind.

Ich will mehr…

Ich bin Hausfrau und Mutter und Ehefrau – in beliebiger Reihenfolge und habe mir das genau so ausgesucht. Keinen Tag habe ich die Entscheidung bisher bereut und genieße jede Sekunde mit meinen Kindern, auch wenn es manchmal schwer fällt. Der schönste und größte Lohn, den man im Leben erhalten kann, ist die Liebe eines Kindes. Sie zeigt sich im Kinderlachen, in den strahlenden Augen, den herzlichen Umarmungen und in den nassen Küssen. Sie zeigt sich auch in Widerworten und Trotzanfällen, da Kinder nur dort trotzen, wo sie sich sicher fühlen. Kurz gesagt, ich liebe mein Leben.
Klingt, als würde ich Tag für Tag auf einer rosa Wolke durch unsere Kleinstadt schweben. Nein, ganz so euphorisch ist mein Leben nicht, denn trotz allen Kinderglücks erlebe auch ich Alltag. Alltag, der mich oft an den Rand meiner Kräfte bringt. 

Aber nicht nur das…
Oft sage ich mir „ich will mehr“.

Wovon mehr?

Nicht noch ein Kind, obwohl ich da immer wieder und lange drüber nachgedacht habe.

Mehr von… Ja wovon?

Mehr Anerkennung vielleicht; mehr Schulterklopfen von außen und mehr als ein freundliches Lächeln auf meine Antwort „ich bin Hausfrau“ – auf die Frage „als was arbeiten Sie?“
Ich bin mir sicher, dass ich mit diesem Gedanken nicht alleine da stehe und würde mich über Tipps oder Gedanken anderer Hausfrauen freuen. 

Denn dass ich das bleiben werde, steht fest, zunächst auch weiterhin Vollzeit 24/7 und zwar gerne.

Zauberhafter Mädchengarten

Unser Garten ist toll. Neuerdings hat er eine Jungen- und eine Mädchenseite und das kam so.
Wir wohnen in einem freistehenden Haus und man kann drum herum laufen. Auf der einen Seite sind Terrasse und Garten, auf der anderen Haustür und Vorgarten. An den Seiten befinden sich unsere Holzschuppen und die Stellplätze, auf der anderen herrlich blühende Stauden und Sträucher sowie kleine Bäume. Diese Seite ist der Mädchengarten.
Da im Jungengarten das Spiel größtenteils verboten ist, wird der Mädchengarten zum Abenteuerspielplatz umgebaut. Mit einfachsten Mitteln. So haben wir seit kurzem dort eine Schneckenrennstrecke, ein Strassenkreiden-Atelier, eine Duft- und Zauberecke mit Wunschblüten und einen Märchenwald.
Dass mir als Erwachsene der Zutritt in die einzelnen Ecken verwehrt wird, stimmt mich leicht wehmütig. Neid ist mir fern, aber ein Hauch Eifersucht schwebt doch in der Luft. Eifersüchtig darauf, dass meine Kinder auf der Mädchenseite – oder sollte ich „Märchenseite“ sagen? – in andere Welten abtauchen und dort vor allem Unheil und Bösem geschützt sind.

Das war nicht immer so und kostete uns Eltern einiges an Überredungskünsten. Noch vor kurzer Zeit wurden „Angriffe der Killerblumen“ mit Stöcken und Ninja-Brüllern erfolgreich abgewehrt. 

Inzwischen darf ich zumindest wieder die äußere Hülle unseres Gartens betrachten und versuchen zu erahnen, worin sich meine Kinder am ehesten verlieren.
In Zeiten wie diesen, in denen im Auto, tagsüber und bei den Mahlzeiten im Radio schrecklichsten Nachrichten gelauscht wird, bin ich doppelt dankbar für die beiden Seiten unseres Gartens und darüber, dass die Mädchenseite immer stärker besucht ist.
Auf der Jungenseite übrigens, in der erlaubten Zone, wird lautstark mit den Trettraktoren gefahren und gern gegen unsichtbare Mächte gekämpft.
In der Hoffnung, dass Bedrohungen für meine Kinder noch lange nicht sichtbar werden, werde ich gerne für Nachschub an Strassenkreide sorgen und geduldig Hosen und Shirts flicken, die sie sich im Märchenwald kaputt gerissen haben.